Ich wähle Vertrauen. Immer wieder.
- Michael Lee

- 10. Sept.
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 13. Sept.

Ich habe die letzten Tage über das Thema Angst und Vertrauen in der Schwangerschaft reflektiert, denn für mich ist die (freie) Schwangerschaft eine kontinuierliche Reise durch diese beiden Zustände. Ich schreibe über meine Erfahrungen in der Schwangerschaft, aber die Erkenntnisse lassen sich aufs gesamte Leben beziehen.
Wenn ich ehrlich bin, hat mich noch keine Erfahrung so sehr und vor allem so oft mit meinen tiefsten Ängsten und Sorgen konfrontiert, wie das Schwanger sein. Die gesamte Schwangerschaft bringt immer wieder neue Ängste vor und konfrontiert mich damit, ehrlich hinzuschauen. Im ersten Trimester waren es vor allem Ängste rund um eine Fehlgeburt, als auch darüber, ob mein Körper überhaupt in der Lage ist, ein Zuhause für einen Menschen zu sein. Zwischendurch kamen viele Ängste hoch rund um die Geburt. Jetzt im letzten Drittel des zweiten Trimesters sind es mehr Ängste rund um die Elternschaft und Mama sein, als auch darüber, was ein kleiner Mensch überhaupt braucht.
Der Grund, warum meine Schwangerschaft insgesamt dennoch so leicht ist, ist, dass ich nach allen Ängsten immer Vertrauen wähle. Immer wieder. Ich wähle Vertrauen, nicht weil ich keine Angst habe, sondern weil ich weiß, dass es diesen kleinen Raum in mir gibt, in dem ich wählen kann.
Im Vertrauen zu sein ist eine Wahl. Es ist dieser kurze Moment zwischen zwei Gedanken, zwischen zwei Zuständen. Ein Raum, in dem ich bewusst wählen kann: Ich bin im Vertrauen. Es ist eine bewusste Wahl in diesem kleinen Raum die Gedanken und Gefühle zu wählen, die mich leichter fühlen lassen und die mich wieder zurück in meine Kraft kommen lassen. Und dann zu schauen, was ich brauche, um diesen Zustand zu verankern.
Ängste sind eine Einladung. Sie sind eine Einladung, mich selbst besser kennenzulernen. Sie zeigen auf, wo vielleicht noch Unwissen präsent ist oder wo unterdrückte Themen, Gefühle und alte Konditionierungen da sind. Ängste sind eine Möglichkeit genauer hinzuschauen und mir selbst das zu geben, was ich brauche.
Ich habe über meine Ängste in der Schwangerschaft unglaublich viel über mich, meinen Körper und das Baby lernen können. Eben weil ich sie als Einladung gesehen habe, mehr über das Thema XY zu lernen. Dadurch kann ich nicht nur immer wieder ins Vertrauen kommen, und damit mein Urvertrauen ins Leben stärken, sondern auch Verantwortung für meine Schwangerschaft übernehmen und sie selbstbestimmt gestalten.
Wieder ins Vertrauen zu kommen ist eine Praxis. Es bedeutet, jeden Tag die eigenen Themen anzuschauen und ehrlich mit mir selbst zu sein. Und genau dort, wo ich mir erlaube, nicht perfekt zu sein, eröffnet sich ein Raum für wahrhaftige Selbstbegegung. Und je öfter dies geschieht, desto größer wird das Vertrauen. Desto größer wird das Vertrauen in mich, den Körper, das Baby und das Leben selbst. Und dann fühlt sich die Schwangerschaft tatsächlich leichter an, denn das Gefühl des Vertrauens ist leichter und kraftvoller als Gefühle der Angst.
Viele Frauen bleiben im Angstzustand und brauchen dementsprechend die Bestätigung im Außen von anderen, dass alles okay ist. Die Reaktion geschieht automatisch, bevor sich der Impuls überhaupt in Ruhe angeschaut wurde.
Angst und Vertrauen gehören für mich zusammen. Wir brauchen beides, um beides zu erfahren. Ohne den Angstzustand könnten wir nicht in den Zustand des Vertrauens kommen. Das ist für mich die größte spirituelle Praxis. Sich immer wieder, radikal dazu zu entscheiden, wieder ins Vertrauen zu kommen. Immer wieder diese eine kleine Entscheidung zu treffen, die die gesamte Wahrnehmung der Realität verändert.
Und mir ist wichtig zu erwähnen, dass es nicht darum geht keine Angst zu haben oder die Angst beiseitezuschieben. Angst ist menschlich. Wir brauchen Angst. Und der Prozess, vor allem während der Schwangerschaft, wo die Verantwortung für einen anderen Menschen noch da ist, ist nicht leicht. Dieser Prozess fordert gefühlt alles von mir – meine Bereitschaft, ehrlich hinzuschauen und alte Geschichten loszulassen.
Die Schwangerschaft kann eine Angstbasierte Erfahrung sein, eine die bedeutet jedes Mal zum Arzt zu rennen, wenn oder es kann eine erhabende Erfahrung sein. Wir haben die Wahl.
In Liebe,
Sabina



Kommentare